Am 31.10.1999 unterzeichneten die katholische Kirche und der Lutherische Weltbund die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“. Schon damals wurde das Ereignis als ökumenischer Meilenstein bezeichnet. Seither hat die Verständigung in der Rechtfertigungslehre weitere Kreise gezogen. 2006 hat der Weltrat Methodistischer Kirchen seine Zustimmung gegeben, und elf Jahre später schlossen sich die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen und die Anglikanische Gemeinschaft der Gemeinsamen Erklärung an.

25 Jahre „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“Am Vorabend des 25. Jahrestages der Unterzeichnung fand am 30.10.2024 in der St. Anna Kirche in Augsburg eine Ökumenische Vesper statt. Auch mehrere Bewohner und Bewohnerinnen des ÖLZ konnten daran teilnehmen. Der Abend war geprägt von einer großen Feierlichkeit angesichts eines so bedeutsamen Ereignisses für die christlichen Kirchen und der Hoffnung, dass es durch die Sprache der Liebe und des Gebets möglich sein wird, weitere „schwere Felsbrocken“ aus dem Weg zu räumen, die der Einheit der Kirchen entgegenstehen, wie Bischof Bertram es in seiner Predigt ausdrückte: „Im Gebet gehen wir auf Christus zu. Das Zugehen auf Christus ist aus verschiedenen Richtungen möglich. Wenn wir auf ihn zugehen, gehen wir aufeinander zu.“

Damals vor 25 Jahren war das Ökumenische Lebenszentrum in Ottmaring (ÖLZ) erheblich an den Vorbereitungen der Feierlichkeiten beteiligt. Marianne Schneppe, Fokolarin aus Ottmaring, erinnert sich: „Als im Juni 1999 die Nachricht kam, dass nach langer Zeit mühsamer theologischer Arbeit und Verhandlungen ein Dokument des Glaubens zwischen den lutherischen Kirchen und der römisch-katholischen Kirche, die ‚Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre‘ abgeschlossen war und als Ort der feierlichen Unterzeichnung Augsburg gewählt worden war, war unsere Freude groß. Gern wurde unsere Bereitschaft angenommen, mitzuhelfen bei den Vorbereitungen der Festlichkeiten. Regionalbischof Öffner und Bischof Dammertz stellten Mitarbeitende zur Verfügung, die in zwei eigens ausgestatteten Büros in Ottmaring – zeitweise zusammen mit Vertretern des Lutherischen Weltbundes aus Genf und Vertretern des Vatikans – in wenigen Monaten das weltweite Ereignis vorbereiten konnten. Ein Ottmaringer Vorschlag, neben der St. Anna-Kirche, Ort der feierlichen Unterzeichnung am Reformationstag 1999, ein Zelt auf dem Rathausplatz zu errichten, um vielen die Teilnahme zu ermöglichen, wurde gern angenommen.“25 Jahre „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“

Janina Hiebel hat sich damals als Jugendliche in der Planung der verschiedenen Veranstaltungen in Augsburg engagiert. Sie erzählt: „Zur Unterzeichnung war ich dann tatsächlich in der Annakirche dabei – wenn auch ziemlich weit hinten. Sehen konnte ich nicht viel, aber das war auch gar nicht nötig. Man spürte die Bedeutsamkeit des Geschehens auch so. Es war so ein Moment, den man nicht wieder vergisst. Der Tag der vollen Einheit unter den Kirchen in ihrer je eigenen Unterschiedenheit schien auf einmal in greifbarer Nähe, oder zumindest als etwas, das noch zu meinen Lebzeiten geschehen könnte.

In den Monaten vor der Unterzeichnung setzten wir uns als Jugendliche vor Ort natürlich auch mit dem Thema der Rechtfertigungslehre und mit den Anliegen der Reformation auseinander. Im Rahmen der Veranstaltungen um die Unterzeichnung fand auch ein Jugendevent statt mit dem Titel ‚Wertvoll – ich?!‘ mit Glaubenszeugnissen von katholischen und evangelischen Persönlichkeiten. All dies wurde zum Anfang meiner Liebe zur Theologie… der Beginn eines Weges, der mich schließlich dazu führte, Theologie zu studieren.

Jetzt, 25 Jahre später, bin ich wieder im ÖLZ. Anfang dieses Jahres war ich zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder in der Annakirche. Das hat Erinnerungen wachgerufen, eben auch wegen des Bezugs zu meiner eigenen Geschichte. Die Erinnerung, die ich wachhalten möchte, ist aber kein nostalgischer Rückblick. Was ich wirklich wachhalten möchte, ist jener Moment der Gewissheit: ‚Die Einheit ist möglich. Trennungen können tatsächlich überwunden werden.‘ Das ist nicht ein Zurückschauen, das ist Hoffnung.“

Beitragsfoto: Feier des 20 jährigen Jubiläums der GER in St. Anna während eines Ökumenisches Bischofstreffen der Fokolarbewegung 2018. Fotografiert von Ursel Haaf.